Die Chamulanen sind ein Indiovolk, das tief in seinen alten Traditionen verwurzelt ist. Sie stehen Fremden sehr reserviert gegenüber. Touristen sollten sich daher in San Juan Chamula mit äußerster Zurückhaltung bewegen. Insbesondere gilt dies für Film- und Fotoaufnahmen sowie für das Betreten von Privatgrundstücken und Kirchengebäuden. Die Chamulanen widersetzten sich zunächst jeglicher Christianisierung, obwohl die Dominikaner bereits kurz nach ihrer Ankunft eine erste Kapelle errichtet hatten, deren Ruine am Dorfrand noch erhalten ist. Erst allmählich begannen die Chamulanen, das Christentum mit ihrer alten Götterwelt zu verschmelzen. Bis heute haben sie sich dem neuen Glauben nicht unterworfen und glauben z. B., dass Christus vom Kreuz gestiegen ist, um als Sonne wiederaufzuerstehen.
Spiritueller Mittelpunkt der chamulanischen Glaubenswelt ist die im 17. Jahrhundert errichtete Kirche San Juan. Wie sehr die Glaubensvorstellungen der Chamulanen von denen der traditionellen katholischen Kirche abweichen, wird sofort nach Betreten der Kirche deutlich. Den Besucher empfängt ein Kirchenschiff ohne Bestuhlung, der Boden ist übersät mit Kiefernnadeln. Tausende Kerzen brennen, Weihrauchschwaden durchziehen den Raum und auf dem Boden kauern betende Indios. Man fühlt sich den Göttern der Maya näher als den Heiligen der katholischen Kirche, obwohl deren Statuen, gekleidet in farbenprächtige Gewänder, von den Wänden herabblicken. Auch schamanische Elemente, die an Voodoo erinnern, spielen in der Tradition der Chamulanen eine große Rolle. So bringen die Indios z. B. Hähne mit in die Kirche, die während des Gebetes getötet werden und entzünden schwarze Kerzen, um einen Zauber gegen unliebsame Personen auszuüben.
Zum Betreten der Kirche ist für Fremde ein Erlaubnisschein erforderlich, Fotografieren und Filmen ist schon auf dem Vorplatz strengstens verboten und wird mit hohen Strafen bis hin zu Gefängnis geahndet. Auch das Fotografieren von Personen ist nicht gestattet.
Am Wochenende und besonders an großen Festtagen verwandelt sich Chamula in einen bunten Hexenkessel aus kostümierten Fahnenschwingern, Musikanten mit Trompeten, Gitarren und Akkordeon, angeführt durch prächtig gekleidete Honoratioren mit silberbeschlagenen Stöcken als Insignien ihrer Würde. Eine wichtige Rolle bei diesen Festen spielt der Posh, ein alkoholhaltiges Getränk, das als Teil des schamanischen Rituals bereits in präkolumbianischer Zeit bis zur Betäubung genossen wurde, um im Rausch Kontakt zur Götterwelt aufzunehmen. Auch diese Feste sind seit einigen Jahren für die Kamera tabu.
Nach unserem Besuch von Chamula fuhren wir weiter in das Dorf Zinacantán und waren dort Gäste einer Indiofamilie, die vom Tourismus lebt. Hier durften wir auch Fotos machen. Anschließend ging’s weiter ins Hotel Parador Santa Maria in El Progreso, wo wir die Nacht verbringen werden. Das Hotel ist eine Hacienda und die liebevoll im Kolonialstil ausgestatteten Zimmer liegen im ehemaligen Herrenhaus.
Zinacantán:
Hotel Parador Santa Maria: